Donnerstag, 15. November 2007
Our ill wills


Jahresrückblicke sind die Instant-Gedenkstunden, die wir in unserer Gesellschaft offensichtlich genau so wie Gedenktage brauchen, um uns unserer selbst zu erinnern. Nein, um uns zu vergewissern, dass es uns gibt und dass wir mit zustimmendem Nicken uns selbst suggerieren können, dass unsere Wirklichkeit wirklich ist und das andere GottseiDank auch so sehen. Wir haben uns entschieden, uns qua Datum und qua Jährung eines Verfalls- oder Herstellungsdatums vermeintlich wichtigem zu erinnern. Bilanzieren, um erfüllt zu sein.

Wir lassen Zahlen darüber bestimmen, wann wir andere für uns einen Teil unserer Kultur und Geschichte ausschnittweise zusammentragen lassen. Und wir konsumieren diese Klittereien täglich im Dutzend.

Ich möchte mich gern an dieser Verblendung gesellschaftlichen Konvention beteiligen. Ich überreiche den frisch gespülten kleinen Creme-Bitterfeld-Löffel für die rührendsten musikalischen Beiträge des laufenden Jahres (exkl. Weihnachtsgeschäft) an die folgenden Kapellen.

Weil sie mich berührt haben. Aber so richtig.

Stars - In our bedroom after the war
Cold War Kids - Robbers and cowards
Shout Out Louds - Our ill wills
Kings of Leon - Because of the times
Arcade Fire - Neon bible
Maximo Park - Our earthly pleasures
The Rakes - Ten new messages

Nachtrag, 20.12.2007:
The National - Boxer

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2,01 Gewalten
In den nächsten Wochen steht es acht Menschen über 40 Jahren frei, das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung zu kassieren. Nachdem sie auf mehrere Klagen hin geprüft haben, ob es verfassungskonform oder -widrig ist.

26 Abgeordnete der SPD, die allein ihrem Gewissen verpflichtet sind (hier ist etwas Platz für despektierliche Regungen jeder Art:


), haben mit 340 Kollegen am vergangenen Freitag für dieses Gesetz gestimmt. Allerdings waren sie so frei, anschließend eine persönliche Erklärung zu verfassen. In der sagen sie, dass sie nichts wissen und auch verdammt nochmal nicht immer in diese schwierigen Situationen gebracht werden wollen. Und dass sie ja nur für das evil Gesetz stimmen, weil die Ü40 des Karlsruher BV sowieso sagen wird, was Sache ist.

Ich bin seitdem für Stimmroboter (in Parteifarben) im Parlament. Die weinen nicht, wenn sie merken, dass sie nur ein Rädchen im Getriebe sind. Und sie weinen auch nicht, wenn sie keinen Arsch in der Hose haben.

Während des Schauspiels habe ich mich außerdem gefragt, wie es die Hundertschaften Abgeordneten immer schaffen, dass sie maximal für die vier Minuten der Abstimmung im Plenarsaal sind. Quasi als Parlamentarier-Bereitschaftspolizei. Sicher dank einer SMS des Fraktionsvorsitzenden an den Verteiler "Stimmvieh eilig".

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