Leipziger Gerüchteküche - Das Mensa-Blog

So, das wars. Ich finde ja, dass mehr Blogeinträge auf diese Weise beginnen sollten. Mein Studium scheint vorbei, gestern habe ich meine Diplomarbeit erfolgreich verteidigt. Dennoch geht es gleich erstmal wieder in die Mensa, Man gönnt sich ja sonst nichts, auch wenn mir die Frequenz des Auftauches von Putensteak "Walliser Art" langsam etwas hoch erscheint.

Heute: Rinderzunge in Rotweinsoße mit Spargelgemüse und Mandelkroketten. Es sei nur an die Aktion Innereienwoche vor einigen Jahren erinnert...
Zu dem komerziellen Fehlschlag könnte aber auch beigetragen haben, dass heute vor der Mensa Peterssteinweg zwei leicht anverdaute erbrochene Portionen auf dem Gehweg zu finden waren.

Ich habe eine Gabe. Ich kann blind das Essen mit dem höchsten Fettgehalt finden, ohne die Zutatenliste zu kennen. Zum Beispiel neulich bei Aldi. Mein Auftrag: Frischkäse besorgen. Vor dem Kühlregal hatte ich die Wahl zwischen körnigem Frischkäse (4% Fettgehalt i.Tr.), Frischkäse mit Kräutern im Fässchen (16 % Fettgehalt) und kleinen abgepackten Frischkäsepäckchen namens Lys de France. Ich greife ohne nachzudenken zu Letzteren und damit zu 68 Prozent Fettgehalt im Trockenzustand.
Oder beim Asia-Imbiss. Ohne nachzudenken bestelle ich natürlich nicht das Kanton-Hühnchen auf Soja-Saucen-Basis, sondern die Nummer 31: Hühnchen mit Erdnuss-Sauce, die mit einem beherzt gehäuften Suppenlöffel aus einem Erdnussbutterglas angedickt wird.
Diese Gabe wird es auch sein, die mich stets zu Mensaessen Nummer drei führt - also in der Regel zu Fleisch mit Sättigungsbeilagen aus frittierten Kartoffelvariationen an gekochtem Gemüse. Evolutionär gesehen bin ich also ein Höhlenmensch - nur dass mein Essen nicht mehr frei herumläuft. Die Grunzgeräusche beim Essen habe ich mir aber weitgehend abgewöhnt.

Zum ersten Mal nach diesem Sommer die Heizung angestellt und es doof gefunden.

Und die Mensa hat es heute wieder getan: KÄSE-EI-PANADE. Das Allzweck-Mittel passt in den Augen der Köche zu Fisch und Fleisch - heute umhüllte sie ein Schnitzel, sonst gerne mal Seefisch. Das Problem ist nur: Mit Käse-Ei-Panade schmeckt das darin eingewickelte Stück Tier wie ein Tiefkühlpizza-Käse, der über den Rost auf den Backofen-Boden getropft und dort festgebacken ist. Außerdem riecht das Werkstück irgendwie nach einer Mischung aus Parmesan und Baby-Kotze - aber nach der ekligen Babykotze, nicht wie der niedliche Bäuerchen-Auswurf. Wer - außer völlig durchgeknallten Schotten (Stichwort ”Fried Mars Bar”) oder Tulpen-Monokultur-geschädigten Niederländern (Stichwort ”Frikandel Speciaal" (Im Hintergrund) - käme auf die Idee, Käse und Ei zu frittieren - also Milchweiß und Hühnereiweiß gemeinsam in Fett zu backen. Als erfahrener Mensagänger meide ich die Käse-Ei-Panade, beobachtete aber am Nebentisch wie ein Mensa-Neuling die Feinheiten der Peterssteinwegschen Küche lernte. Er schnitt ein Stückchen ab und führte es zum Mund - bis die Nasen-Warnsensoren anschlugen und Verschimmeltes meldeten. Schließlich ist der Mensch ja evolutionär darauf programmiert, kein nach vergorenem Eiweiß müffelndes Mammut-Aas zu essen - zurecht! Das Schnitzel verblieb auf dem Teller. Liebe Mensaköche - machen euch ganze Schnitzel im Schweineeimer keine Gedanken?

Merke: Mensa-Riesencurrywürste sind so riesig, dass die Milch zum Kakao...äh..dass man sie zum Servieren durchbrechen muss. Auf dem Symbolfoto fehlt allerdings schon ein Stück, da ich mit der Kamera nicht schnell genug war.

Eine These: Lernen betäubt die Geschmacksnerven. Der Beweis: Wenn sich mit einer geglückten mündlichen Abschlussprüfung das Ende des Studiums nähert, endet offenbar auch die Zuneigung zum Mensaessen. So habe ich heute mit Mühe das olle Stück Fleisch gegessen, die Bohnen und Kartoffeln kamen mir irgendwie vollkommen geschmacksfrei vor. Früher hätte mich das nicht gestört. Aber andererseits gibt es auch das Konzept des lebenslangen Lernens. Vielleicht lässt sich so die Zuneigung zu Kantinenessen erklären?
Danke übrigens an alle Leser, die mein Lernprogramm in den vergangenen acht Wochen mit freundlichen Kommentaren begleitet haben. Jetzt in 14 Tagen nur noch die Diplomverteidigung und dann das Ergebnis der schriftlichen Prüfung abwarten.