Freitag, 24. September 2010
Da steht ER
Seit gut einem Jahr wohne ich in dem Leipziger Stadtteil, in dem morgens um halb sieben junge, drahtige Familienväter mit kurz geschorenem Haupthaar mit auf lange Laufleistung getrimmten TDI-Mittelklasselimousinen auf die Autobahnen schwärmen, um der Kleinfamilie die nächste Jack-Wolfskin-Jacke und das nächste Bioeis zu finanzieren.



Seitdem steht auch ER da. ER steht vor der Ausfahrt, die ich gewohnheitsmäßig mit dem Fahrrad nehme, um auf den typisch sächsischen Granitplattengehweg zu fahren und damit dem fiesen Kopfsteinpflaster in meiner Straße auszuweichen.



ER hat ein wie selbstverständlich ein schwedisches Nummernschild. Keinen Millimeter wurde ER in diesen zwölf Monaten bewegt. Stattdessen wachsen zwischen IHM und dem Bordstein kleine Bäumchen, macht sich in SEINEM Kühlergrill das erste Moos breit. Die schwedische Plakette am Nummernschild ist entfernt, das Ordnungsamt hätte bei einem deutschen Nummernschild mindestens schon dreimal mit roten Zetteln Zeter und Mordio geschrieen, den umgehenden Tod angedroht.



Aber SEIN schwedisches Nummernschild schützt IHN vor den Fängen der blau gekleideten Tanten und der grün gekleideten Gewohnheitsalkoholiker der bürgerwehrähnlichen Sächsischen Ordnungswacht, die desöfteren durch das prenzlauerbergigste Viertel ganz Westsachsens patroullieren. Die Natur wächst derweil so um IHN herum, wie meine romantische Liebe zu IHM.



Gestern wurden um IHN herum Halteverbotsschilder aufgestellt, ein maroder Bordstein soll wohl ausgetauscht werden, neonfarbene Markierungen aus einer Sprühdose künden von den Veränderungen rund um IHN, diese ehemals mobile Trutzburg aus schwedischem Stahl. Einer, der offensichtlich den Besitzer kennt, bemerkt meine Aufmerksamkeit für IHN, das tiefblaue, klassisch designte Mysterium.



Erst kündigt er an, das Halteverbotsschild einfach hinter IHN zu versetzen. Dann sieht er ein, dass das wohl wenig bringt. Er will den Besitzer anrufen, IHN wegschieben, der Motor sei hinüber und gefahren werden dürfe ER ja sowieso nicht mehr.



Bald wird ER wohl woanders stehen.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 6. Dezember 2007
Da liescht ä Goffor!
J. hat sich als wagemutiger Kriegsbericherstatter an die Front der Heiratenden begeben.



(unauthorised Bildausschnitt aus dem bildlichen Dokument der Paranoia)

Mönsch, hättest ruhig mal in den Koffer gucken können!

... link (1 Kommentar)   ... comment


Montag, 26. November 2007
Probezeit für Kurzzeit-Wichtel
Der ehemalige Internet-Buchhändler Gemischtwarenladen mit angeschlossener Buchhandlung Amazon sucht noch etwa eine Hundertschaft Online-Wichtel (edit: Mephisto-Link ist bereits im Daten-Nirwana). Gerüchtehalber (aus erster und betroffener Hand) werden neue Wichtel im gigantischen Geschenkelager an der Torgauer Straße erst zwei Wochen entgeltlos zur Probe "getestet", bis es in 8-Stunden-Schichten bei ganz ordentlicher Bezahlung (ca. 7,5 Euro/h) bis zum Wichtelstichtag weitergeht.

Hire, Probezeit, knechten, fire end of contract.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 21. November 2007
Dreist, zwei, eins... meins
Ein Akt der präventiven Selbstjustiz.



Ich habe mir am vergangenen Donnerstag meine Jacke klauen lassen. Eine schöne, warme Winterjacke. Zwei Wochen zuvor gekauft. Dass ich sie gebraucht bei Ebay erstanden habe, ist erstmal unwichtig.

Jedenfalls bin ich nach dem Jackenklau bei 1,3°C mit einem Sweatshirt als Oberbekleidung durch den Nieselregen nach Hause gefahren. Fein, sowas. Ich weiß nicht mehr, ob ich vor Wut oder vor Kälte gezittert habe.

Vorgestern ergab sich dann die Vorstufe zu einem Treppenwitz. Denn - huch - ein Oberhausener Ebay-Verkäufer bietet genau diese Jacke an. Mit schicken Fotos. Eingestellt wurde das Angebot etwa 17 Stunden nach der dahingeschlotterten Nieselregenfahrt.



Eine Mail ging an den Verkäufer, ob diese Jacke - neuwertig wie beschrieben - auch aus erster Hand sei und man einen Bon dazu bekäme. Antwort: Die Jacke sei aus zweiter Hand und kein Bon vorrätig. Der Verkäufer bekam eine zweite Mail, mit der Frage, ob man die Jacke denn abholen könne, Verwandtschaft ersten Grades ist just in Oberhausen ansässig.

Ich warte heute noch auf eine Antwort auf diese Frage. Dafür wurde aus einem unwahrscheinlichen Zufall dann doch eine sehr wahrscheinliche Tatsache. Denn der Verkäufer hatte seine Auktionen zuvor mit Wohnsitz in Leipzig durchgeführt. Wundersamerweise wurde dann noch mein exorbitant hohes Gebot bis an die Grenze zum Neupreis gekontert.

Zwei Mails und nicht einmal 48 Stunden nach dem Auktionsende am Montag liegt die Jacke jetzt in meinem Zimmer. Der Verkäufer hat mittlerweile seinen Namen bei Ebay mindestens genau so schnell geändert wie am Freitag seine E-Bay-Adresse.

Irgendetwas hält mich noch vom Bezahlen ab.

... link (8 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 20. November 2007
Veranstaltungshinweis, 21.11.2007
Wer vor einem langweiligen EM-Qualifikationsspiel samt schlechtem Kommentar mal richtig gearbeiteten Fußball sehen möchte, der kann morgen ab 14 Uhr im Sportpark Mölkau* den Knaller SV Mölkau 04 II - SV Lipsia Eutritzsch II erleben.

2. Kreisklasse Herren, Staffel II.

Not gegen Elend.

Garantiert sind

...knöcheltiefer Boden.
...verkaterte, verschlammte und kurzatmige Bewegungslegastheniker.
...gebrüllte Kommentare von außen, die sich gewaschen haben.
...warme Getränke direkt aus dem Baucontainer.

Garantiert nicht garantiert sind:

...Fußballkunst.
...ein Besteckfachinlaufrichtung in Nockenschuhen.
...erkennbare Taktik.

*zu erreichen ab Hauptbahnhof über hoppelige Straßen mit Buslinie 72/73, H Dr.Wilhelm-Külz-Straße.

... link (5 Kommentare)   ... comment


Solidaritätszuschlag Version Ost
Die Sachsen sind nicht ganz dicht. Da bezahlen sie extra mehr Pflegeversicherung, um das dadurch geschmälerte Einkommen am ehemals bundesweiten Feiertag Buß- und Bettag kollektiv kurz hinter der Landesgrenze zu verprassen. Im niedlichen Günthersdorf werden sich morgen während der Ladenöffnungszeiten sicherlich etwa 50 Mal mehr Menschen auf seinen 3,26 Quadratkilometern herumtütenschubsen, als dort Einwohner gemeldet sind. Abgezählte 1280.

Nebenbei bemerkt weist Wikipedia für Sachsen einen Anteil von 74,8 Prozent der Bevölkerung als konfessionslos bzw. anderen Konfessionen als rk und ev zugehörig aus.

Vielleicht ist es auch nur eine perfide Strategie der mitteldeutschen Wirtschaftsförderung. So bekommt Sachsen-Anhalt den ein oder anderen Prozentpunkt Wirtschaftswachstum (wo nüscht is, kann noch viel wachsen) aus den freistaatlichen Leuchttürmen ab.

Wir armen Studenten dürfen dafür *schnüff* leiden *schnüff*: Der Feiertag muss ohne warme Mensamahlzeit bestritten werden und die kuschelige Bibo hat auch zu. Einladungen zu einer warmen Mahlzeit können gern in den Kommentaren ausgesprochen werden. Gern auch zu Spaghetti mit grünem Pesto ohne Nachtisch und Getränk.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Montag, 19. November 2007
Wiedervorlage
Spannender Leipzig-Content in öffentlich-rechtlicher Dauerrotation . Mit dem integeren Uwe Kockisch als Commissario. Nicht am Canale Grande, sondern an der Pleiße. Heute Abend um 22.25 Uhr im "anders fernsehen".

... link (5 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 18. Oktober 2007
Zu Hause in Leipzig.
Bei der LWB eine Wohnung reserviert. Kurz vor geplanter Unterschrift des Mietvertrags Reservierung zurückgezogen. Analog zum Kleingedruckten in der Reservierungsvereinbarung kam prompt eine Rechnung über eine Kaltmiete. Rechnung zähneknirschend (in ganz Westsachsen hörbar) bezahlt.

Gestern ein Anruf: "Frau Telefonstimme* von der LWB. Sie sind ja vor einigen Wochen bei uns eingezogen. Ich wollte fragen, wie zufrieden sie sind..."

*Name geändert

... link (1 Kommentar)   ... comment


Samstag, 13. Oktober 2007
Brand eins
Als ich um 17.40 Uhr gen Westen sah, dachte ich, dass das Derby zwischen Chemie (geführt unter dem Pseudonym FC Sachsen) II und Lok Leipzig vorgezogen wurde.



Es war aber nur die Lagerstätte von ALBA in Leutzsch, die immer noch in lichterlohen Flammen steht und eine schneidige Rauchsäule produziert, die Richtung Süden zieht.

So sah es um 19.05 Uhr vom Westplatz aus.



Die Feuerwehr scheint wohl nicht genug Wasser zum Löschen zu haben.

Update: Geniale Überschrift, blondie.
Und die Blogger lassen die Old Medien (außer den MDR, immerhin einige Bilder in der 19.30 Uhr-Sendung) ganz alt aussehen.

Update 2: Teils makabre Fotos des Brandes.

... link (1 Kommentar)   ... comment


iSpät
Was im Ruhrpott die Trinkhalle oder die "Bude" ist, heißt bei uns in Westsachsen Spätverkauf bzw. Späti. Südlich der Arno-Nitzsche-Straße, PLZ 04277 (Connewitz), gibt es sie auch nach der großen Liberalisierung der Öffnungszeiten noch. Sie haben so lange auf, wie es der Umsatz erfordert. Ladenschlußgesetz, f+++ you.

Über die Stadt verteilt pfeifen auch einige Dönerbudenbesitzer auf die Uhrzeiten auf ihrer Eingangstür und versuchen sich neben dem Zubereiten von Drehfleischsalattaschen mit dem Verticken von Bier und Zigaretten über Wasser zu halten.

Nun ist mit dem offiziellen Ladenschluß um 22 Uhr die eigentliche Domäne der gesetzestreuen Spätis gefallen. Sie heißen jetzt - Mittis? Frühis?

... link (0 Kommentare)   ... comment