Freitag, 14. Juli 2006
Tolle Vorbilder
Die Leipziger Volkszeitung wird - wie jede Regionalzeitung - oft kritisiert. Jetzt beschweren sich auch Medien-Professoren der Uni. Aber nicht, weil sie Argumente hätten, sondern weil ihnen die Berichterstattung über eines ihrer Projekte nicht passt. Und es fallen genau die Begriffe, die auch Politiker gerne wählen, kurz bevor sie wegen eines Skandals zurücktreten: Kampagnenjournalismus, Missachtung der publizistischen Ethik, "gezielt und absichtsvoll Schaden zufügen". Das übliche Programm.
Konkrete Beispiele nennen die Medien-Profs aber nicht. Würden sie konkret werden, wären die Anschuldigungen ja vielleicht intersubjektiv nachvollziehbar und damit überprüfbar.
Es geht wohl darum, dass die LVZ sich wiederholt erdreistet hat, zu kritisieren, dass der Bau der u.a. von den Professoren ins Leben gerufenen und u.a. mit Geldern der Sparkassen-Medienstiftung finanzierten kostenpflichtigen Bezahl-Uni auf wundersame Weise viel viel teurer geworden ist als geplant und auch bei der von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als intransparent kritisierten Auftragsvergabe irgendwie vielleicht Freunde des Sparkassen-Chefs berücksichtigt wurden... Eine Meldung dazu bei mephisto, dem Uni-Radio, in dem einige der Profs übrigens auch die Finger drin haben, gibt es hier.
Die Anschuldigungen sind vermengt mit profess-oraler Selbstbefriedigung, was man denn alles für Leipzig geleistet habe. Es gipfelt in dem Vorwurf, der LVZ-Chefredakteur sei doch selber im Stiftungsrat und müsse daher wissen, dass die Berichterstattung "entstellend und zum Teil falsch" sei. Konkretes? Fehlanzeige!
Da verhalten sich also genau die Typen, die vom Pult aus immer Kritik, Objektivität und Unabhängigkeit der Presse predigen, exakt so, wie jeder x-beliebige korrupte Provinzpolitiker, dem die kritische Berichterstattung über sich nicht passt. Und gleichzeitig bloß keinen Fehler in der Berichterstattung benennen, für den man dann den Beweis der Unwahrheit antreten müsste! Tolle Vorbilder. Da wissen die von den Profs an der Uni ausgebildeten angehenden Journalisten gleich genau, wo es lang geht und was das Geschwafel vorne im Hörsaal wert ist.

Ach ja, fürs Protokoll: Essen 2: Kasseler Russische Art mit Kartoffelbrei und Bohnen

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